Was mache ich, wenn meine Tochter sagt: „Ich kann nichts.“

Was mache ich, wenn meine Tochter sagt: „Ich kann nichts.“

Udo Baer

„Meine Tochter ist 5 und ich bemerke immer mehr einen starken Wettbewerb zwischen ihr und anderen Kindern und sogar ihren Freundinnen. Sehr oft kommt sie aus dem Kindergarten nach Hause und erzählt mir, dass ein Kind schon das Seepferdchen-Abzeichen hat oder ein anderes schon Lesen kann und sie das auch möchte. Das klingt erstmal ganz gesund und mir ist bewusst, dass eine gewisse Wettbewerbsorientierung unter Kindern dazugehört. Inzwischen habe ich aber das Gefühl, dass es ein verletzendes Ausmaß annimmt. Meine Tochter weint inzwischen regelmäßig darüber, dass sie „nichts kann“. Ein Satz, der mich unendlich traurig macht, weil er natürlich nicht stimmt. Parallel sehe ich, wie sie (und ihre Freundinnen) jeden Erfolg anderer Kinder sofort mit einem „Und ich kann schon dieses oder jenes!“ kommentieren müssen. Wir stärken unsere Tochter und sagen ihr, dass man nicht immer die Beste sein muss und dass man vieles lernen kann usw. Ich frage mich aber langsam, was hier die richtige Balance ist. Einerseits möchte ich mein Kind stärken und sie soll, gerade als Mädchen, doch selbstbewusst sein. Andererseits sehe ich, wie die Kinder sich gegenseitig weh tun und unter dem Druck leiden. Was ist hier noch „gesund“ und was können wir vorleben, damit meine Tochter selbstbewusst wird und den Mut hat ihren eigenen Stärken nachzugehen?

 Das Beste, was Sie für Ihre Tochter tun können, machen Sie: Sie sorgen sich um sie und Sie bemühen sich, ein gutes Vorbild zu sein. Weiter so!

Kinder in diesem Alter stehen jeden Tag vor neuen Herausforderungen. Sie wollen sich ihre Lebenswelt erschließen und in ihr bestehen. Alle Erwachsenen können und wissen alles besser – und manche gleichalterige Kinder auch. Das führt, wie Sie richtig beobachten, zu Vergleichen und Wettbewerb. Zum Aufwachsen gehört das dazu. Es zeigt davon, dass Ihre Tochter Ihnen vertraut, wenn Sie das in Worte fasst und mit Ihnen darüber spricht.

Was können Sie tun, damit dieser normale Prozess nicht zu stark wird?

Das erste tun Sie: Sie reden mit Ihrer Tochter darüber, dass man nicht immer die Beste sein muss und man vieles lernen kann. Weiter so. Das wirkt, zumindest auf Dauer.

Die zweite Hilfe besteht darin, Ihre Tochter zu stärken. Alles, was deren Selbstwertgefühle hebt, stärkt sie. Das muss gar nicht mit den Themen des Vergleichens, die gerade „in“ sind, zu tun haben. Dass Ihre Tochter etwas wert ist, erfährt sie durch ihre Familie, durch Sie und deren Rückmeldungen sowie durch Erfahrungen im Alltag und im Spiel. Kinder lernen durch Spielen. Immer.

Auch die dritte Hilfe haben Sie schon erwähnt: Sie sind Vorbild. Sie dürfen auch einmal etwas nicht können oder nicht so gut wie andere UND Sie können sich selbstbewusst in der Welt bewegen. Kinder lernen durch uns Erwachsene als Vorbilder.