Eine Mutter fragt: „Mein Sohn war immer lebensfroh und unternehmenslustig. Doch seit einiger Zeit wird er immer ängstlicher. Das fing nach dem Corona-Lockdown an, als er wieder in die Schule ging. Er ist acht Jahre alt und geht in die Grundschule. Jetzt im Winter hat sich das wieder verstärkt, als die Coronazahlen so hoch gingen. Kann das damit zusammenhängen?“
Ja, das kann. Die Pandemie macht vielen Kindern Angst. Nicht nur um sich, sondern auch um andere. Sie spüren die Angst der Eltern. Sie bekommen sie bei Tischgesprächen oder Telefonanrufen mit. Sie merken, dass die Zeitungen oder die Nachrichtensendungen voll davon sind. Wenn sie älter sind, hören sie vieles dazu im Internet usw. Die Pandemie hat in vielen Familien und auch in Schulen und Kitas eine Atmosphäre der Angst hervorgerufen und das ist auch normal bei einer solchen Pandemie, bei einer solchen Bedrohung.
Kinder haben oft auch Angst um die Menschen, die sie lieben. Das können Eltern und Großeltern sein. Sie fürchten sich, dass sie angsteckt werden, erkranken oder gar sterben. Sie bekommen wirtschaftliche Ängste mit über Kurzarbeit, Homeoffice und anderes mehr. Sie ängstigen sich auch um ihre Freunde und Freundinnen in der Schule oder in der Kita. In manchen Familien wird viel über Corona gesprochen, aber wenig über die Angst. Sprechen Sie – und das ist mein Rat – mit ihrem Sohn auch über die Ängste, auch über Ihre. Sagen Sie ihm, dass es normal ist, vor einer solchen Bedrohung Angst zu haben und dass es gut ist, solche Ängste mitzuteilen und zu teilen. Fragen Sie ihn, was er denn konkret befürchtet. Vielleicht ist es die Ansteckung des Großvaters oder etwas anderes. Je konkreter Sie und Ihr Sohn die Angst fassen können, desto eher können Sie unterstützen. Wenn die Angst darin besteht, dass der Großvater sich ansteckt, dann ist es gut, ihm zu zeigen, wo und wie im Krankenhaus möglichst schnell eine Hilfe möglich ist. Reden Sie darüber, dass Sie ja alles getan haben oder tun, um Ansteckungsmöglichkeiten zu verringern.
Es ist also wichtig, die Angst ernst zu nehmen und zu akzeptieren. Und dann gilt es, über die Angst zu reden. Wenn Ängste nicht nur allein von einem Kind gespürt und gefühlt werden sondern geteilt werden, dann verringert das die Ängste. Kinder brauchen auch Vorbilder, wie andere Menschen mit Ängsten umgehen. Erzählen Sie und Ihr Partner, wie Sie mit Ängsten umgehen, dass Sie sie akzeptieren und gleichzeitig zuversichtlich sind. Eine andere Mutter erzählte einmal ihrer Tochter, dass sie, wenn ihre Angst zu groß wird, eine bestimmte Musik hört. Die Tochter nahm dies zum Anlass für sich, ebenfalls eine „Angstfresser-Musik“ auszusuchen. Wenn Sie Vorbild sind und im Gespräch sind, werden Sie sicherlich viele Anregungen finden, wie Sie und Ihr Sohn mit der Angst umgehen können.