Auf die vielen Fragen von Eltern und anderen Erziehern, wie sie mit Wut, Zorn und anderen aggressiven Handlungen von Kindern und Jugendlichen umgehen sollen, gibt es keine eindeutigen Antworten. Zunächst ist wichtig, den Hintergrund des aggressiven Verhaltens zu suchen und zu erkennen. Darauf werde ich in mehreren Beiträgen eingehen.
Die Ehe von Anitas Eltern kriselte. Vater und Mutter gifteten sich oft an und sie sprachen nur noch wenig miteinander. Es lag Hochspannung in der Luft. Sie versuchten, ihre Konflikte von ihren Kindern fernzuhalten, doch das gelang ihnen nicht. Die Atmosphäre war geladen und beide Kinder spürten das und litten unter der Spannung.
Anita zog sich zurück und wurde immer aggressiver. Sie gab pampige Antworten, antwortete nicht auf Fragen und weigerte sich, im Kindergarten Anweisungen zu befolgen oder Aufforderungen nachzukommen. Als die Erzieherinnen fragten, was denn los sei, und versuchten, die Gründe für das veränderte Verhalten herauszufinden, blockte Anita ab. Sie hatte keine Worte für das, was geschah. Sie spürte die atmosphärische Spannung, konnte sie aber nicht benennen.
Solche Entwicklungen sind eine häufige Quelle für herausforderndes bzw. aggressives Verhalten von Kindern jeden Alters. Kinder spüren oft eher und besser als die Erwachsenen, wenn es zwischen ihnen kriselt. Das muss nicht nur zwischen Eltern geschehen, sondern kann sich auch die Beziehung der Eltern zu den Großeltern betreffen. Für solche Spannungen haben Kinder keine Worte. Jugendliche manchmal, aber auch das selten. Diese Spannungen wirken wie ein Magnet. Die Aufmerksamkeit der Kinder und Jugendlichen richtet sich auf sie, ohne wirklich ergründen zu können, was geschieht. Insofern ist die Anziehungskraft der Spannungen groß und kontinuierlich. Irgendwann entlädt sie sich in Aggressivität.
Nun sind für Eltern und andere erwachsene Erziehende solche Spannungen nicht immer zu vermeiden. Wichtig ist, dass Sie nicht glauben sollten, Sie könnten sie vor den Kindern geheim halten. Natürlich ist es angemessen, zum Beispiel Ehekonflikte nicht so vor den Kindern auszutragen, dass diese mit hineingezogen werden oder gar Parteilichkeit für eine Seite der Beteiligten von ihnen verlangt wird. Das überfordert Kinder und ist falsch, denn es zwingt sie, sich gegen eine von ihnen geliebte oder gemochte Person zu stellen. Wichtig ist es, möglichst transparent und wahrhaftig zu sein. Sie können Ihren Kindern sagen, wir haben ab und zu mal Krach oder verstehen uns nicht so richtig, aber das hat nichts mit dir zu tun. Gerade der letzte Halbsatz ist wichtig, weil Kinder dazu neigen, sich selbst die Verantwortung aufzuladen, wenn es Eltern oder Elternteilen schlecht geht. Reden Sie mit den Kindern und geben Sie sich gemeinsam mit den anderen beteiligten Erwachsenen Mühe, die Spannungen