„Mein Kind hat vor zwei Jahren seine Mutter verloren. Meine Frau ist an Krebs gestorben. In der letzten Zeit ist meine siebenjährige Tochter etwas verstört. Sie wirkt durcheinander. Ich weiß nicht, ob das noch mit dem Verlust ihrer Mutter zu tun hat oder was da los ist.“
Ich kenne Ihre Tochter nicht und kann deswegen keine Sicherheiten vermitteln, was Ihre Tochter bewegt. Ihre Vermutung, dass ihr jetziges Verhalten etwas mit dem Verlust der Mutter zu tun hat, liegt nahe. Oft reagieren Kinder auf Verluste spontan und sehr intensiv, manche aber auch verzögert erst Monate oder Jahre später. Sie sind am Anfang so geschockt, dass sie versuchen durchzuhalten. Sie spüren den Schmerz der anderen Verwandten bzw. von Ihnen, dem Vater, und versuchen für Sie stark zu sein. Doch irgendwann reicht das nicht, gelingt das nicht mehr und der Schmerz erfasst das Kind. Also kann ich Ihnen nur vorschlagen, dass Sie mit Ihrer Tochter auch jetzt noch über den Tod der Mutter sprechen und, wenn das Kind es möchte, gemeinsam trauern. Sagen Sie Ihrem Kind, dass Sie auch – immer noch – traurig sind. Trauer hat keine Zeitfenster und keine Grenzen.
Ein zweiter Aspekt ist mir wichtig, weil ich ihm oft begegnet bin. Viele Kinder haben Angst, jemanden, der gestorben ist, zu vergessen, in diesem Fall Ihre Frau. Die Angst bezieht sich nicht so sehr darauf, dass Sie die ganze Person vergessen, aber die Erinnerungen schwächen sich ab. Ein kleiner Junge sagte mir einmal: „Ich weiß nicht mehr, wie meine Mama aussieht. Ich will das aber wissen.“ Deswegen ist es hilfreich, über Fotos das Bild aufrechtzuerhalten bzw. Ihrem Kind zu helfen, dass die Erinnerungen immer wieder aufgefrischt werden, wie die Mutter aussieht bzw. aussah. Auch andere Erinnerungsstücke schaffen Verbindungen zur Mutter und können das Kind darin unterstützen. Denn die Mama bleibt für Ihr Kind wichtig, bleibt in seinem Herzen und das ist gut so.